Nicht nur Spiele sind politisch, sondern auch die Firmen, die sie machen
Die Entwickler*innen von Abriss und Chronescher wollen keine Start-ups sein. Stattdessen erproben sie Alternativen – soweit das rechtlich möglich ist.
Dass die Spieleindustrie ein Problem hat, ist nicht erst seit den Streiks bei Activision Blizzard King im letzten Jahr bekannt. Seit Langem schon reihen sich die Vorwürfe über massive Überstunden – im Branchenjargon Crunch genannt – und toxische, oft frauenfeindliche Arbeitsumgebungen aneinander.
Die Erkenntnis, dass kleine, vermeintlich feine Indiestudios es nicht automatisch besser machen, sickert gerade erst in das Bewusstsein der Spieler*innenschaft. Der Youtube-Kanal People Make Games sammelte im Frühjahr Beispiele über Machtmissbrauch bei Fullbright und Funomena, Quellen bezeichnen die Arbeitsatmosphäre beim Ori-Entwickler Moon Studios als "bedrückend". Selbst kleine Studios reproduzieren so das missbrauchsanfällige Machtgefälle der AAA-Branche.
Einige Entwickler*innen stellen deshalb eine recht radikale Frage: Können Firmen und Arbeitgeber*innen überhaupt gut für Menschen sein? Die in Berlin ansässigen Teams von Randwerk und Purple Sloth versuchen zumindest eine Antwort auf diese Frage zu finden – und gründen deshalb Genossenschaften statt Gesellschaften.
"Miteinander, Mitbestimmung, Selbstverwirklichung und so weiter"
"Klar hatte es eine politische Dimension", sagt Johannes Knop über die Gründung von Randwerk. Zusammen mit seinen beiden Kommilitonen Friedrich Beyer und Till Freitag hat er Abriss entwickelt. Aber statt einer GmbH, UG oder GbR gründen sie eine eG – eine eingetragene Genossenschaft. Dabei haben alle Mitglieder gleiche Anteile am Unternehmen.
Von einem formell juristisch Verantwortlichen abgesehen gibt es keine Chefs, nicht eine*n Eigentümer*in des Unternehmens, niemanden, der über alle anderen hinweg entscheiden kann. "Wir haben gesehen, wie die Startup-Welt teilweise laufen kann. Auch in Indie-Studios kommt es immer wieder zu Konflikten, weil zwar eine flache Hierarchie herrscht, aber gleichzeitig die Eigentumsverhältnisse auf wenige begrenzt sind", sagt er. "Das passt irgendwie nicht zusammen."
Da das Teamwork als demokratischer Prozess funktioniert, sollten auch wirklich alle gleichberechtigte Eigentümer sein. "Vielleicht ist das, was das Konzept Start-up ideologisch verspricht, so etwas mehr umsetzbar", denkt Knop: "Gegenüber der Anstellung im Großkonzern irgendwie entspanntes Arbeiten, soziales Miteinander, Mitbestimmung, Selbstverwirklichung und so weiter."
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