Wie Devolver Digital als Punks scheiterten und an die Börse gekommen sind

Einer der größten Publisher für Indie-Games geht an die Börse. Doch hinter dem Erfolg von Devolver Digital liegen ein paar völlige Fehlschläge.

Wie Devolver Digital als Punks scheiterten und an die Börse gekommen sind
Nach außen gibt sich das Team immernoch als Punks. (Quelle: Devolver Digital)

Hartnäckig waren sie schon immer. Nachdem die ersten beiden Unternehmen von Harry Miller, Mike Wilson und Rick Stults gescheitert waren, nachdem sie Unsummen in ihren geplatzten Traum investiert hatten, gaben sie trotzdem nicht auf. Aber Hartnäckigkeit macht sich hin und wieder bezahlt, und so sollte es schließlich auch bei diesem Trio sein: Devolver Digital, der dritte Anlauf der Amerikaner, ist heute eine angesehene Größe in der Gaming-Industrie. Der texanische Publisher veröffentlichte sowohl Indie-Spiele, die wie Hotline Miami den Mainstream erreichten, als auch erfolgreiche Streaming-Hits wie Fall Guys. Gerade mausert sich das Kartenspiel Inscryption zum nächsten Geheimtipp. Aber der Weg hin zu diesen Erfolgen war lang.

Von God-Games und Gamecocks

Die Geschichte von Devolver Digital beginnt im Jahr 1998, als Miller, Wilson und Stults ihr erstes Unternehmen gründen: Gathering of Developers, kurz God Games. Deren Mantra ist von Anfang an, dass Entwicklerstudios das geistige Eigentum und die Kontrolle an ihren Projekten behalten, und obendrauf einen Großteil dessen, was ihre Videospiele an Gewinn bringen. Klingt logisch und fair, ist für die Gaming-Industrie zum damaligen Zeitpunkt aber ein Novum. "Wir wollten ein Business-Modell mit Fokus auf das Kreative, ein krasser Kontrast zu den Industriestandards, nach denen die Publisher eigentlich sehr viel größere Anteile an allem haben", schreiben die Gründer in ihrer unternehmerischen Biografie.

Unter dieser Prämisse veröffentlicht God Games Spiele wie Max Payne, Serious Sam und Mafia, die den Grundstein bis heute erfolgreicher Studios legen. Nur Gathering of Developers selbst gibt es nicht mehr. 2004 werden sie von Take 2 Interactive übernommen und wenig später aufgelöst. Es folgte ein weiterer Versuch der Texaner, ihr eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen, dieses Mal noch etwas gewagter als zuvor: Unter dem bewusst anstößigen Namen Gamecock gehen Miller, Wilson und Stults nur drei Jahre später ein weiteres Abenteuer ein. Dieses Mal blieben die drei Amerikaner nicht ohne Kontroverse.

"Ich versuche heute noch, das zu vergessen"

Dezember 2007, Santa Monica, Kalifornien. Die Spike Video Game Awards finden statt, Ken Levine nimmt den "Game of The Year"-Preis für Bioshock entgegen. Als er eine Dankesrede halten will, stürmen plötzlich als Hähne verkleidete Menschen auf die Bühne, auf ihren Capes das Logo von Gamecock, allesamt stockbesoffen. "Oh fuck", war die erste und einzige Reaktion, die Mike Wilson herausbringt.

Was als witziger Werbegag für Gamecock gedacht war, entwickelt sich rasch zu einem Desaster. Denn eigentlich sollten die Mitarbeitenden von Gamecock zu einer ganz anderen Verleihung auf die Bühne – und das natürlich auch nicht nach fünf Cocktails an der Bar. Vielmehr war angedacht, eine kurze, prägnante Rede zu halten. "Ich versuche heute noch, das zu vergessen", scherzt Wilson.

Am Ende ist der missglückte Marketingstunt ein schlechtes Omen für das ganze Unternehmen. Die Finanzkrise im Jahr 2008 führt dazu, dass sich so gut wie alle Investor*innen zurückziehen. "An einem Sonntag bekam ich den ersten Anruf, und am Freitag war alles vorbei", erinnert sich Graeme Struthers, einer der Verantwortlichen hinter Gamecock. Der eigentlich noch junge Publisher wird schließlich erneut geschluckt.  Für Miller, Wilson, Struthers und Stults hat es sich ein zweites Mal ausgeträumt.

Im Angesicht des zweiten unternehmerischen Scherbenhaufens sitzen die vier Männer beisammen und reflektieren den Untergang von Gathering of Developers und Gamecock. Und sie kommen zum Entschluss: Ja, es gab Fehler, aber das größte Problem seien die Investor*innen. Zu unflexibel, zu bestimmend, so schreiben sie es in ihrer Biografie. Und deshalb macht sich das Quartett an den dritten Anlauf.

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