Die Politik sieht Games als Wirtschaftsfaktor – und wenig mehr

Wie auch immer die nächste Bundesregierung sich zusammensetzt, sie wird sich mit Videospielen befassen. Wir analysieren, wie dieses Engagement in den letzten Jahren ausgesehen hat.

Die Politik sieht Games als Wirtschaftsfaktor – und wenig mehr

Die Bundestagswahl steht vor der Tür, der Wahlkampf ist auf der Zielgeraden. Klimakrise, Pflegenotstand, Digitalisierung: Die Liste der heißen Themen ist lang und die letzten eineinhalb Jahre Pandemie haben mehr als eines davon wiederholt in die öffentliche Diskussion gezerrt. Und mittendrin sind die Videospiele.

Alle großen demokratischen Parteien haben Spiele in ihr Parteiprogramm aufgenommen. Fast alle wollen E-Sport und die deutsche Gamesbranche fördern und haben Spiele als Freizeitaktivität, mit der man gleichzeitig Wahlkampf betreiben kann, für sich entdeckt. Die Zeiten, in denen vor allem die AfD sich erfolglos darum bemüht hat, "Gamer" als politische Zielgruppe anzusprechen, scheinen lange vorbei, ebenso wie die, in denen Union und SPD das Verbot von "Killerspielen" im Koalitionsvertrag stehen hatten. Und trotzdem: 15 Jahre nach der Killerspiele-Debatte sind ihre Geister noch sehr lebendig in der deutschen Politik.

2017 eröffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel die gamescom in Köln. Die Berührungsängste mit der Branche scheinen Politiker*innen endgültig verloren zu haben – oder?

Sport oder kein Sport?

Am deutlichsten wird das vermutlich beim Thema E-Sport. Schon für diese Legislaturperiode hatten Union und SPD eigentlich dessen Förderung in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Dabei war neben Fragen wie Visa für Sportler*innen insbesondere die Anerkennung der Gemeinnützigkeit des E-Sport ein zentraler Punkt der Diskussion. "Genau diese Anerkennung der Gemeinnützigkeit von lokalen E-Sport-Vereinen ist wichtig, damit sich die Amateur-Ebene und damit das Fundament für kommende Top-Spielerinnen und –Spieler gut entwickeln kann", erklärt Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands game. Es sei außerdem gut, dass das Thema mit dem Koalitionsvertrag überhaupt auf dem Tisch lag. "Leider wurden die Vorhaben nur teilweise umgesetzt."

Überhaupt scheint ausgerechnet E-Sport gut zu verdeutlichen, wo sich die Geister politisch beim Thema Games noch immer scheiden. Obwohl sich Dorothee Bär als Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung inzwischen sogar mit einer eigenen Petition für eine juristische Anerkennung von E-Sport als Sportart – oder wenigstens als gemeinnützige Aktivität – einsetzt, fremdelt man in der Union merklich mit dem Gedanken.

Zwar hieß es schon in einem Positionspapier vom Juni 2020, dass man E-Sport als Sport anerkennen wolle, um vor allem Amateur-Sportvereinen Rechtssicherheit vor dem Verlust ihrer Gemeinnützigkeit zu bieten, gleichzeitig sollten aber nur "elektronische Sportsimulationen" unter diesen Sportbegriff fallen. Wenn es nach der Union geht, dann kann also FIFA als gemeinnützig gelten, E-Sport-Giganten wie League of Legends aber nicht. Diese Sportdefinition ist im Grunde nicht überraschend und deckt sich mit anderen Äußerungen auf Bundes- wie Länderebene aus den Reihen von CDU und CSU. Die Idee ist also: Klassischer Sport ja, aber bitte keine Ballerspiele.

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