So machen Witze über Egoshooter auf echte Menschenrechtsverbrechen aufmerksam

Mit einem Twitter-Account macht sich das Satiremagazin Hard Drive über den Militärfetisch von Videospielen lustig. Damit macht der Account gleichzeitig auf Kriegsverbrechen in der echten Welt aufmerksam.

So machen Witze über Egoshooter auf echte Menschenrechtsverbrechen aufmerksam
Quelle: Victura

"Krieg bleibt immer gleich". Mit diesen Worten beginnt seit über 20 Jahren jeder Teil des Fallout-Franchise. Damit beziehen sich die Spiele auf eine grundlegende Tatsache: Im Krieg werden immer Menschen einander töten. Krieg ist der ultimative Ausnahmezustand für eine Gesellschaft und hat trotzdem eigene Regeln. Bereits 1864 einigten sich einige europäische Staaten über den Schutz von Personen, die nicht direkt an Kriegshandlungen teilnehmen. Heute erkennen 196 Staaten das Genfer Abkommen an.

Into The Breach verstößt gegen Artikel 56

Wie oft wir selbst die Regeln dieser Genfer Konvention in Videospielen missachten, zeigt der Twitter-Account Can You Violate The Geneva Conventions? mit seiner namensgebenden Frage. So lässt sich im Taktikspiel Into the Breach der Artikel 56 brechen, indem man absichtlich einen Staudamm zerstört. In Fortnite lässt sich ungeachtet von Artikel 42 ein feindlicher Kombattant unter Beschuss nehmen, während er an einem Fallschirm hängt. Die Genfer Konvention wird genau genommen sogar in Videospielen ohne Waffeneinsatz regelmäßig gebrochen: Die Sims werden bei manchen Spieler*innen zum Opfer von Folter, in Luigi’s Mansion kann man Feuerwehrleute angreifen, Bewohner*innen von Animal Crossing lassen sich rechtswidrig einsperren – die Liste der Beispiele ist lang.

Ganz ernst gemeint ist das nicht. Der Account entstand beim Satiremagazin Hard Drive, einer Art Der Postillon für Gamer*innen. Für dessen Redakteur Giovanni Colantonio startete das ganze entsprechend auch als alberner Witz. "Die Idee zu diesem Bericht kam mir in einem Traum, und ich meine das absolut ernst", erzählt er. Als er eines Nachts aufwachte, schoss ihm die Frage durch den Kopf, die später zum Titel des Twitter-Accounts werden sollte. "Ich hatte keine Ahnung, ob man etwas daraus machen konnte oder ob es nur etwas war, das mich um 5 Uhr morgens zum Lachen brachte."

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Waffen gehören seit der Entstehung von Videospielen zum fest zum Medium. Weil jede*r Spieler*in sie so gut kennt, lassen sie sich wunderbar dekonstruieren – als Parodie oder mit Realismus.
Spaß und Realität liegen gerade bei Shootern oft nah beieinander.

Mehr als nur eine alberne Idee

Für ihn sollte der Account zunächst eine "bizarre Satire" auf den beliebten Account Can You Pet The Dog? sein. "Aber wir haben schnell gemerkt, dass die Idee mehr Tiefe hat." Zeigen die Bilder anfangs noch Mario, der einen Baby-Pinguin von einer Klippe wirft, tauchen bald Screenshots aus realistischeren Kriegsspielen auf. "In Anbetracht der Tatsache, dass das kommende Revival von Six Days in Fallujah eine authentische Darstellung des Irakkriegs sein soll", heißt es in einem Tweet, "können wir davon ausgehen, dass wir darin gegen die Genfer Konventionen verstoßen können." Ein bissiger Scherz, der auf die tatsächlich begangenen Kriegsverbrechen von US-Truppen im Irak-Krieg anspielt.

"Als wir anfingen, Verbindungen zu realen Kriegsverbrechen und aktuellen Ereignissen herzustellen, hat das den Account wirklich aufgewertet", sagt Colantonio. "Meiner Meinung nach kommt die Satire über Verbrechen in der realen Welt nur dann so gut an, wenn sie neben den wirklich überzogenen, albernen Beiträgen steht", erklärt Colantonio. "Das macht deutlich, dass die Realität genauso düster und seltsam ist wie die Fiktion."

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